Welche Verbindung hat die Handels-Frequenz und der Trading-Erfolg?

Sehr geehrte Leser- und Leserinnen,

in diesem Beitrag wollen wir uns mit den Trading-Kosten und der Handels-Frequenz beschäftigen. Sowohl im Bereich des diskretionären Tradings, aber auch im Bereich des Algo-Tradings.
Uns ist in der Vergangenheit aufgefallen, dass sich viele Trader in Foren oder auch in Facebook-Gruppen über das Thema der Trading-Frequenz unterhalten. Ganz besonders, wenn wir uns im Bereich des „Daytradings“ befinden.

Es wird sehr oft suggeriert, dass eine hohe Trading-Frequenz mit einem hohen Maß an Wissen einhergeht und das Algorithmen, die eine sehr hohe Trading-Frequenz aufweisen, auch mit einem sehr cleveren durchdachten Mechanismus funktionieren. Doch ist das richtig?

Eigentlich haben wir, genau für solches Wissen, unsere System-Trading Ausbildung entwickelt. Doch in diesem Fall möchten wir mal eine Ausnahme machen und versuchen Ihnen, mit diesem Artikel aufzuzeigen, wie wichtig eine gut durchdachte Berechnung der Trading-Kosten ist.

Unsere Trading-Kosten

Wir wissen nicht wie die Zukunft verlaufen kann. Wir wissen auch nicht, ob unser nächster Trade ein Gewinner oder ein Verlierer wird. Nur weil etwas in der Vergangenheit funktioniert hat, muss es nicht auch in der Zukunft funktionieren. Man kann zwar mit vielen wissenschaftlichen Ansätzen die Erfolgswahrscheinlichkeit steigern, dennoch bleibt das Ergebnis ungewiss.

Doch eine Sache können wir im Trading sehr gut vorhersagen: Unsere Trading-Kosten.

Wir wissen genau, was unser Spread für das jeweilige Instrument ist. Wir können auch ungefähr sagen, wie unsere Slippage ausfallen wird. Genauso wissen wir, wie viel Gebühr oder Margin wir für CFD’s bezahlen müssen.

Somit können wir unsere Trading-Kosten sehr gut im Überblick behalten. Dennoch tun diese viele nicht, weil viele den Kostenfaktor unterschätzen.
Ein Spread von 0.5 Punkten oder 1 Punkt im Dax klingt einfach nicht viel. Das Problem ist auch, dass der Spread eine Zahl ist, die sich die wenigsten auch wirklich in Euro umrechnen.

Die Handelskosten haben wir nun erläutert. Bevor es zu der Berechnung geht, müssen wir uns mit dem Sharpe-Ratio beschäftigen. Denn mit dieser Kennzahl werden wir Trading-Kosten vergleichen.

Sharpe-Ratio: Eine Kennzahl die Sie kennen müssen

Es gibt eine Menge Content zum Sharpe-Ratio im Internet. Deshalb möchten wir hier nur in Kürze darauf eingehen.
Im Allgemeinen ist die Sharpe-Ratio eine sehr wichtige statistische Kennzahl. Sie sagt aus, wie stark unser Trading-System oder unsere Trading-Strategie im Vergleich zu einem risikolosen Zinssatz performed. Somit beantwortet das Sharpe-Ratio die Frage, wie viel Über-Performance unsere Trading-Strategie generiert.

Die Formel und eine sehr detaillierte Übersicht finden Sie hier: https://www.investopedia.com/terms/s/sharperatio.asp .

Ganz einfach ausgedrückt, lautet die Formel so:

(Erwarteter Return unserer Strategie – Risiko-Freier Zins) / die Standardabweichung der Strategie

Den aktuellen Risiko-Freien Zins für Deutschland finden Sie hier: https://www.finanzen.net/zinsen/10j-Bundesanleihen .

Die Sharpe-Ratio wird als Benchmark benutzt, um die Strategie mit einem risikofreien Investment zu vergleichen. In unserem Fall nehmen wir die 10-Jahres-Bundesanleihe als risikolose Investment.

Doch welche Sharpe-Ratios sind realistisch? Wenn Sie mit Ihrem Trading-System oder Ihrer Trading-Strategie ein Sharpe-Ratio von 2-3 erhalten, dann wäre das ein TOP-SYSTEM! Es ist sogar schon so gut, dass Sie nochmals schauen müssen, ob nicht ein Systemfehler vorliegt. Ein Handelssystem mit einer Sharpe-Ratio von 1-2 ist somit auch als stark zu bezeichnen. Sogar Trading-Systeme mit einem Sharpe-Ratio von 0.5 sind profitabel. Nur muss man dort auf die Trading-Kosten aufpassen, so dass diese den Gewinn nicht verschwinden lassen. Systeme mit einer Sharpe-Ratio von kleiner als 0.25 sollten lieber nicht gehandelt werden.

Im nächsten Abschnitt werden wir die Trading-Kosten auf Sharpe-Ratio Einheiten ausrechnen. Somit können wir analysieren, wie viel Sharpe-Ratio Einheiten nur durch unsere Transaktionskosten verloren gehen.

Die Berechnung unserer Trading-Kosten auf Sharpe-Ratio Einheiten

Wir möchten Ihnen hiermit eine Methode vorstellen, mit der Sie in der Lage sein werden, Ihre Trading-Kosten schnell und sinnvoll überprüfen zu können. Als Beispiel nehmen wir den Dax-Future. Sie können aber natürlich diese Formel auf alle für Sie benötigten Instrumente errechnen. Zuallererst benötigen wir unsere Kosten für eine prozentuale Bewegung unseres Instruments. Also unsere prozentuale Wertigkeit.

Zum jetzigen Zeitpunkt des Artikels steht der Dax bei 12.490 Punkten. Wenn sich somit der Dax um 1% bewegt. Es ist eine Bewegung von 0,01*12.490 = 124,9 Punkten. Ein Dax-Future hat eine Wertigkeit von 25€ pro Punkt und somit eine Wertigkeit von 124,9 Punkte*25€ = 3.122,50€. Damit hat eine Bewegung des Dax-Futures um 1% eine Wertigkeit von 3.122,50€.

Nun brauchen wir die aktuelle tägliche Volatilitäts-Wertigkeit (TVW). Dafür benötigen wir die tägliche Volatilität des Dax-Futures. Zuallererst bestimmen wir die jährliche Volatilität ab. Dies können Sie entweder selber berechnen oder einfach Googlen. Hier finden Sie eine Beispiel-Seite für die Volatilität im Dax: https://www.finanzen.net/index/DAX/Volatilitaet-Rendite .

Die jährliche Volatilität im Dax beträgt 13.37% . Nun dividieren wir diese Zahl durch 16 und erhalten unsere tägliche Volatilität. Somit ist unsere tägliche Volatilität im Dax-Future: 0,84%. Somit ist unsere tägliche Volatilitäts-Wertigkeit (TVW) 0,84 * 3.122,50€ = 2.622,90€. Nun wissen wir, wie viel uns die tägliche Volatilität im Dax kosten kann. Und das sogar in Euro-Wert.

Nun benötigen wir nur noch eine wichtige Kennzahl: Die Kosten pro Halfturn (KH).

Rechnen wir hier mit einem typischen Spread von 0.5 Dax-Punkten bei einer Market-Order. Die Kosten fallen deutlich geringer aus, wenn wir nur mit Limit-Orders arbeiten. Wir berechnen für dieses Beispiel auch keine weiteren anfallenden Transaktionsgebühren. Wenn Sie noch weitere anfallende Kosten haben, außer den Spread, so müssen Sie diese auch noch hier einberechnen.

Somit kostet uns ein Halfturn bei einem Dax-Future 0.5 * 25€ = 12.5€ Transaktionskosten (KH).

Formel für die Handelskosten
(2*KH) / (16*TVW)

Geben wir die Daten in die Formel ein:

(2*12,50€) / (16*2622,90€) = (25€) / (41.966,40€) = 0.0006 Sharpe-Ratio Einheiten.

Somit kostet uns eine Transaktion im Dax-Future 0.0006 Sharpe-Ratio Einheiten. So wäre auch zu erkennen, dass der Dax-Future ein sehr günstig zu handelndes Instrument ist.

Tipp: Testen Sie die Formel auf Ihre Instrumente die Sie traden aus und schauen Sie wie teuer oder wie günstig diese Instrumente zu handeln sind.

Welche Handels-Frequenz ist sinnvoll?

Als Daumenregel kann man sagen, dass die Transaktionskosten nicht höher als 1/3 des gesamten Sharpe-Ratio betragen sollten.
Nehmen wir an, wir haben einen Trading-Roboter der ca. 30-40 Trades pro Tag durchführt. Dies ist eine wirklich hohe Frequenz. Es gibt aber auch Trading-Roboter, auf dem Markt, die ca. 15.000-20.000 Trades pro Jahr generieren.

Auf den Trading-Anfänger wirkt das immer sehr professionell, weil viele eine hohe Trading-Frequenz mit einer guten Trading-Qualität verbinden. Ein Trugschluss.

Nehmen wir an, ein Trading-Roboter handelt im Durchschnitt 35 Trades pro Tag. Somit ergibt sich eine Trade-Anzahl pro Jahr von 35 Trades pro Tag * 220 Handelstage = 7.700 Trades.

Als Sharpe-Ratio Einheit ergibt das:

7.700 * 0.0006 = 4.62 Sharpe-Ratio!

Das Trading-System frisst bei dieser Handels-Frequenz einen Wert von 4.62 Sharpe-Ratio-Einheiten auf. In Konsequenz bedeutet das, dass Sie ein Trading-System benötigen, dass ein Sharpe-Ratio von 5.12 erzeugt.

Nur als Bemerkung. Wenn Sie ein System entwickeln, dass nachweislich ein Sharpe-Ratio von 5.12 vor Kosten hat, und dies alles wissenschaftlich und logisch belegen können, kriegen Sie die Millionen nur so um die Ohren geworfen.
Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass wir es noch nie geschafft haben, ein System mit einer Sharpe-Ratio von 2.4 vor Kosten zu entwickeln.

Nun können wir mit Hilfe unsere Daumenregel errechnen, wie viel Transaktionen unser Trading-System haben darf. Nehmen wir an, Sie haben ein Top-System entwickelt und dies hat ein Sharpe-Ratio von 2. Somit dürfen Ihre Kosten nicht über 0.33*2 = 0.66 Sharpe-Ratio Einheiten steigen. Eine Transaktion kostet 0.006 Sharpe-Ratio Einheiten. Nun teilen wir dies: 0.66 / 0.006 = 1.100 Transaktionen. Oder anders ausgedrückt: Durchschnittlich 5 Trades pro Tag!

Nun wissen wir, dass solch ein Trading-System auf dem Dax-Future, wenn es noch profitabel laufen soll, nicht mehr als 1100 Transaktionen in einem Jahr generieren darf! Sonst kann das System nicht mehr sauber und profitabel laufen.

Fazit

Wir hoffen, wir konnten Ihnen mit diesem Artikel ein wenig die Augen öffnen, wenn es darum geht, dass jemand mit einer sehr hohen Trading-Frequenz wirbt oder wenn eine angeblich gute Performance mit einer extrem hohen Anzahl an Trades generiert wird.

Sie sind nun in der Lage, wenn Sie dieses Wissen anwenden, bei jedem Handelsinstrument auszurechnen, wie hoch die standardisierten Trading-Kosten sind, aber auch, wie viele Transaktionen Sie maximal pro Jahr generieren dürfen, damit Ihr Trading-System nicht in den Verlust übergeht.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Anwendung!

 

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin,

Statistic-Trading 

(Quelle: Robert Carver: Systematic Trading)

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