Warum sich Experten irren

Experten sind nicht unfehlbar

Nicht, dass Sie die Überschrift falsch verstehen. Experten haben in der Börsenwelt eine Daseinsberechtigung. Sie helfen, die Vielzahl der Marktinformationen zu verstehen und zu bewerten. Experten sind wichtig, doch sollten Sie sich eher von den Prognosen anregen lassen, als blindes Vertrauen in sie zu stecken.

Experten sind zu selbstbewusst

Grundsätzlich müssen alle Experten mit einer psychologischen Falle umgehen. Wegen ihres hohen Wissen- und Erfahrungsschatzes hat die Mehrheit der Experten einen zu hohen Optimismus bzw. eine zu hohe Zuversicht, dass ihre Prognose zutrifft. Experten können für Laien sogar gefährlich werden, wenn sie in ihrem Auftreten zu überzeugend und dominant sind. Sie vermitteln prophetisches Verhalten, das der Realität nicht standhält.

Alle denken, sie wären überdurchschnittlich gut

Mehrere Studien haben bestätigt, dass professionelle Analysten ein überdurchschnittlich hohes Selbstvertrauen haben. So sind zum Beispiel 75% der Fondsverwalter der Ansicht, dass sie überdurchschnittlich gute Arbeit leisten. Und 68% der Analysten denken, dass sie überdurchschnittlich gute Prognosen erstellen.

Allein die Zahlen deuten es an. Irgendetwas stimmt mit der Mathematik nicht. Die Mehrzahl der Analysten kann per Definition niemals überdurchschnittlich sein, denn der Durchschnitt entspricht der Mehrzahl. Sie halten sich für besser, als sie sind. Das ist wie beim Sex. Es gibt niemanden, der sich für einen unterdurchschnittlichen Liebhaber hält!

Manchmal realitätsfern

Der Psychologe David Danning hat in einen 2012 erschienenen wissenschaftlichen Artikel die These aufgestellt, dass die Experten mit dem größten Selbstvertrauen in der Realität am schlechtesten mit ihren Prognosen abschneiden. Das übersteigerte Selbstvertrauen führt dazu, dass sie nur sehr schwer ihre eigenen Fehler erkennen können. Gleichzeitig sind sie schwerfällig im Einsehen und der Korrektur der Fehler.

In der Welt des Tradings sind das „tödliche“ Eigenschaften. Ein sturer und eingebildeter Börsenexperte würde nämlich Verlustpositionen zu lange halten. Möglicherweise so lange, bis das Kapital aufgebraucht wäre.

Eine gute Börsenanalyse sollte die Marktbedingungen in allen Richtungen ausloten. Der unwichtigste Teil, ist das Erraten der zukünftigen Börsenrichtung. Und das, was man nicht wissen kann, sollte nicht mit zu viel Überzeugung dargestellt werden.

In der Lehre des Taoismus heißt es: „Wer über Wissen verfügt, trifft keine Vorhersagen. Wer Vorhersagen trifft, hat kein Wissen.“
Das klingt so, als ob sich Laotse auch mit der Börse auskannte?

Zusammenhang zwischen Wissen und Zuversicht

Das hohe Wissen der Experten ist beim Trading Segen und Fluch zu gleich. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass mehr Wissen bzw. Informationen die Richtigkeit der Prognose erhöht. Das „Mehr“ an Informationen bringt nicht notwendigerweise bessere Informationen.

Ein Experiment mit den Buchmachern von Pferderennen

Paul Slovic hat 1973 eine Untersuchung mit acht erfahrenen Buchmachern durchgeführt. Bei diesem Experiment wurden den Buchmachern detaillierte statistische Informationen zu den einzelnen Pferden zur Verfügung gestellt. Jedes Pferd wurde mit 88 Variablen definiert (Gewicht des Pferdes, Anzahl der gewonnen Rennen usw.).

Anschließend wurden die Buchmacher gebeten, 40 Pferderennen zu prognostizieren und zusätzlich die Zuversicht ihrer Prognose zu bewerten. Die untere Grafik zeigt schematisch das Ergebnis der Auswertung.

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Bild: Zusammenhang zwischen Wissen und Prognosegenauigkeit. Eine Skalierung der Achse ist nicht notwendig, da es in erster Linie um die Form der Kurven geht.

Die obere kleine Grafik zeigt einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen Wissen und der Prognosegenauigkeit. Es lässt sich 1 zu 1 auf die Börse übertragen. Die untere Chart-Linie stellt die Richtigkeit der Prognosen dar. Zu Beginn ist es so, dass die Prognosen ein waagerechtes Niveau im Zufallsbereich haben. Mit der Zunahme der Informationen steigt die Treffergenauigkeit leicht an. Das entspricht auch der menschlichen Logik. Ein Experte hat mehr Wissen, und deshalb trifft er besser Entscheidungen.

Je mehr Informationen in die Entscheidung einfließen, desto erstaunlicher wird das Ergebnis. Die Prognosen werden nämlich nicht mehr besser. Im Gegenteil. Die Kurve neigt sich wieder auf das Ursprungsniveau zurück und geht in Richtung Zufall.
Es ist die Auswirkung der Informationsmenge. Unser menschliches Gehirn ist nicht geschaffen, um Unmengen von Details zu speichern und zu verarbeiten. Die Vielzahl der Daten führt dazu, dass Unwichtiges höher gewichtet wird als Wichtiges. Es herrscht Chaos. Und Chaos ist Zufall.

Der Aha-Effekt kommt durch die obere Chart-Linie. Er zeigt den Verlauf der Zuversicht innerhalb der Entscheidungsfindung. Je mehr Informationen dem Entscheider zur Verfügung standen, desto selbstbewusster wurden die Entscheidungen. Was für ein Trugschluss! Mit steigender Zuversicht nahm die Prognosegenauigkeit ab.

Sogar schlechter als der Zufall

Profis sind manchmal schlimmer als der Zufall. Und zwar genau dann, wenn sie „Unsinn“ mit felsenfester Überzeugung glaubhaft verbreiten können. Beim Trading kommt es nicht auf die Menge der Informationen, sondern auf die Qualität an. Je mehr Informationen ein Trader hat, desto mehr glaubt er, alles unter Kontrolle zu haben.

Wissenschaftler haben übrigens festgestellt, dass Trader zu besseren Handelsentscheidungen kommen, wenn sie Gegenargumente suchen. Wenn Sie der Meinung sind, dass eine Aktie steigen wird, dann sollten sie nicht nach Fakten suchen, welche die vorgefasste Meinung unterstützen. Suchen Sie eher die Informationen, die gegen eine Long-Position sprechen. So erhalten Sie eher ein objektives Urteil.

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