Newsletter: Nur noch ein Jahr der Trading-Freiheit

Liebe Leserin, lieber Leser,

das ist die erste Ausgabe meines Newsletters in diesem Jahr. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht mehr, warum ich diesen Newsletter schreibe? Seit der Verabschiedung des neuen Einkommensteuergesetzes im Dezember ist jeder kurzfristige Börsen-Newsletter nur noch ein Zombie – ein lebender Toter.
Realität: Ab 01.01.2021 ist jeglicher privater Börsenhandel mit Derivaten sinnlos. Anscheinend haben die meisten Börsianer die Tragweite noch nicht verstanden, denn es gibt kaum Widerstand zum neuen Einkommenssteuergesetz. Konkret: Mit der neuen Steuerberechnung wird es in Zukunft keine profitablen Privat-Trader mehr geben.

Ich habe mir die Mühe gemacht, einige deutsche Börsenmagazine (Aktionär, Focus-Money, Wirtschaftswoche) zu checken. Es gibt dort nicht einen Artikel über die Steuer-Problematik. Ganz im Gegenteil, die Magazine empfehlen weiterhin ihre Derivate – ohne Hinweis.

Wie absurd die neue Regelung ist, kann man an einem einfachen Beispiel erklären: Überträgt man die aktuelle Steuersituation auf ein Unternehmen, dann würde die Einkommensteuer auf die Umsätze angesetzt werden und nicht mehr auf die Unternehmensgewinne. Gleichzeitig werden die Kosten jedes Unternehmens auf 10.000 Euro fixiert. Was für ein Schwachsinn!

Ohne Zweifel, die privaten Trader mögen die kurz- und mittelfristige Spekulation. Damit aber ein vernünftiges Chance-Risiko-Verhältnis entsteht, muss man praktisch mit Hebeln arbeiten. Ab dem nächsten Jahr macht es aber keinen Sinn mehr mit Optionsscheinen, KO-Zertifikaten, CFDs, Futures oder Optionen zu handeln. Eine Alternative ist nicht in Sicht.

Weitere Folgen: Den Banken und Brokern nimmt man eine wichtige Einnahmequelle weg. Wenn es extrem wird, dann könnte sogar das Bankensystem in Deutschland ins Wanken kommen. Wer kann die angespannte Finanzsituation der Banken überhaupt noch abschätzen? Die deutschen Banken kämpfen schließlich seit Jahren ums Überleben und das neue Steuergesetz zerstört einen profitablen Geschäftsbereich. Vermutlich wird sich jeder ernsthafte Trader auch noch einen ausländischen Broker suchen, um die unterjährige Abgeltungssteuer legal zu vermeiden.

Des Weiteren wird ein ganzer Berufszweig ausradiert. Börsenbriefe und Trading-Services, die nicht eine langfristige Aktienanlage verfolgen, werden sterben. Wenn es sich nämlich unter den Abonnenten herumspricht, dass sie nicht mehr profitabel sein können, werden die Kunden die Dienste kündigen.

Meine Hoffnung liegt darin, dass die Finanzlobby sofort juristische Schritte einleitet, um mit einem positiven Urteil des Bundesfinanzhofes, das neue Gesetz zu kippen. Aber wie lange müssen wir auf ein Urteil warten? Jahre? Bis dahin ist die Trading-Branche tot.

So wie sich die aktuelle Lage präsentiert, wird es zukünftig nur noch folgenden Börsenhandel geben:

  • Devisenhandel
  • Langfristiger Aktienhandel (falls die „gewünschte“ Transaktionssteuer gering wird)
  • Gewerblicher Börsenhandel

 

Ich wünsche Ihnen trotzdem grandiose Trades

 

Ihr Christian Lukas
P.S. Ich will meine Freiheit zurück…

 

 

Wichtige Märkte im Trend-Check

Trends Kurzfristig Mittelfristig Langfristig
DAX long long long
S&P 500 long long long
Gold (in USD) long long flat
EUR/USD flat short flat
Rohöl long flat short

 

 

DAX: Der Angriff auf neue Höchstkurse läuft

Der DAX kämpft mit der Widerstandszone bei 13.500 Punkten. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass der Index die Zone überwinden kann. Seit Mitte November deuten die Candlesticks auf eine längere Konsolidierungsphase hin. In dieser Phase sollten die bearishen Marktteilnehmer geschwächt worden sein.
Ein Hindernis könnte höchstens aus Amerika kommen. Die US-Indizes sind seit Oktober kontinuierlich angestiegen und deshalb in einem überhitzten Zustand. Wie lange die Überhitzung noch Bestand hat, lässt sich allerdings nicht prognostizieren. Das kann noch eine ganze Weile dauern. Die Volatilität der US-Indizes hat sich immer weiter reduziert, was für eine Marktberuhigung spricht – fast schon eine Narkose.

Bild: Wochen-Chart des DAX mit On-Balance-Volume (OBV)

Der OBV hat den Ausbruch bereits vorweggenommen und das ist ein gutes Omen. Der DAX sollte die Widerstandszone überwinden und dann muss man sehen, wie sich der Index orientiert. Einen Rücksetzer, zurück auf 13.500 Pkt. ist durchaus möglich. Insgesamt deutet das Handelsvolumen aber auf einen Sieg der Bullen hin.
Die kurzfristige Stochastik pendelt seit Oktober um die 80er-Linie. Das ist ein starkes Trendsignal, denn der DAX muss nicht mehr in die tiefe Stochastik-Region, um neuen Kursschwung aufzubauen.

 

Bild: DAX-Wochen-Chart mit VSA

Aus der Kombination von Kurs und Volumen gibt es bisher kaum Negatives zu berichten. Die Bären hatten ihre Chancen im Dezember (Short-Signale) und konnten sie nicht nutzen.

Ein Trend dauert eben so lange, wie er dauert. Solange der Kurs nicht ein klares bearishes Signal zeigt, verbietet sich jede Art von Short-Spekulation.

 

 

Bild: S&P500-Wochen-Chart mit VSA

Der US-Markt wird zum Dauerläufer

Der S&P500 läuft ungestört aufwärts obwohl die Trendstärke nicht extrem ist. Es spricht einges dafür, dass die Rallye weiter andauern wird.
Der Chart zeigt einen Mangel an bearishen Signalen. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Nachfrage konstant hoch ist. Es scheint so, als ob sich niemand mehr traut, eine Short-Position aufzubauen.

Nach dem es in den vergangenen Monaten so viele negative Nachrichten gab, hat sich der Trend zementiert.

Fazit:
Die Aktienmärkte besitzten eine hohe emotionale Stabilität. Es gibt genügende Käufer, die für steigenden Kurse stehen. Auch wenn es zukünftig Handelstage geben sollte, muss man das eher als neue Einstiegschance deuten.

 

 

 

VSA-Erläuterung:

Jedes Symbol steht für einen kurzen Richtungsimpuls, der eine Wirkung für die nächsten 5 Kursbalken enthält. Befindet sich ein kleiner schwarzer Punkt am Kursbalken, dann ist es ein Frühwarnsignal. Ein schwarzer Punkt zeigt an, dass die Kurswelle schwächer wird. Keines der Signale sollte als alleinige Handelsentscheidung dienen. Die VSA dient viel mehr zur Vorbereitung eines guten Trades. Über Anzahl und Ort der Signale kann der Trader, ein Gefühl für die wirkenden „Kräfte“ im Markt bekommen.

Jedes Signal ist trendunabhängig programmiert. In einem starken Trend können die besten Gegensignale überrannt werden. Ebenso kann ein schwächeres Signal ausreichen, um den Trend weiter zu forcieren.

 

 

5 Kommentare

  1. Hoi Christian, vermehrt sind diese Entwicklungen in Veröffentlichung von Finanzdienstportalen zu lesen oder informierte Trader setzen sie in Rundbriefen zur Kenntnis. Es scheint jedoch so, dass die Konsequenz noch nicht verdaut ist und Unsicherheit verbindliche Statements verhindert. Verhindern wird allerdings Stillschweigen nichts, sondern nur aktive Lobbyarbeit gegen das Gesetz – oder, lernen damit umzugehen. Z.B. Traden als Geschäft anmelden. Das ist nicht mehr Risiko, als physikalisch mit Aktien zu handeln. Der Aufwand lohnt zumindest in der Umgehung der irrsinnig hohen Steuern ab 10.000 Abzugsgrenze. Und aus einem Hobby wird ernsthafte Arbeit und fördert wieder die Wirtschaft.

    • Hallo Axel, danke für den Kommentar. Ich gehe davon aus, dass das Gesetz einer richterlichen Prüfung nicht standhalten wird. Vielleicht haben wir Glück, dass es möglichst noch in diesem Jahr geändert wird. Viele Grüße
      Christian

  2. Hallo Christian,
    meine Frau, meine Tochter und ich planen eine sog U- Gesellschaft zu gründen. Dann können wir weiterhin unabhängig von begrenzter Abzugsfähigkeit von 10 000.- € mit Derivaten handeln und die vollen Verluste in Ansatz bringen. Allerdings wissen wir noch nicht, was unser Steuerberater dazu sagt. Jeder, der dieses Modell interessant findet, muss natürlich, entsprechend seiner finanziellen Möglichkeiten abwägen, ob es für ihn passt. Aber Aufhören ist keine gute Alternative.
    Beste Tradergrüße !
    Dieter

    • Hallo Dieter, danke für deinen Kommentar. Eine UG ist sicherlich ein Ansatz. Man muss allerdings durchdenken, welche Bedingungen sich daran knüpfen. Viele Grüße
      Christian

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