Sehr geehrte Politiker,
mit der geplanten Finanztransaktionssteuer wird eine eigenverantwortliche, private Altersvorsorge und jegliche Sparanstrengungen der Bürger in Zeiten der Minuszinspolitik torpediert, anstatt diese nachhaltig zu fördern. Zudem sendet eine solche Maßnahme ein fatales Signal an alle Bundesbürger, die sich aus eigenem Antrieb um eine Verbesserung ihrer Situation im Alter kümmern.
Und dieses, obwohl der Staat doppelt von der Minuszinspolitik der EZB profitiert. Er profitiert zum einen von niedrigen Zinsen für die Kredite, die er aufnehmen muss. Zum anderen kommen ihm auch noch die Einnahmen aus den Strafzinsen zugute. Die Einnahmen aus geldpolitischen Geschäften bei der EZB werden unter den nationalen Notenbanken aufgeteilt und fließen somit an den Finanzminister zurück.
Die von Olaf Scholz geplante Finanztransaktionssteuer ist – unabhängig davon, wofür das Geld genutzt werde soll – schon in ihrer Konzeption falsch angelegt und sowohl ordnungs- als auch finanzpolitisch höchst bedenklich. In der aktuellen Ausgestaltung wären Aktien mit einer Marktkapitalisierung von über einer Milliarde Euro erfasst. Dies sind genau die Wertpapiere, mit denen rund 10 Millionen Bundesbürger unmittelbar oder mittelbar für ihr Alter vorsorgen.
Die von der Bundesregierung geplant gezielte Beibehaltung des Solidaritätszuschlages auf Kapitalerträge sind ebenso wie die Versagung der steuerlichen Anrechnung von Totalverlusten von Aktien abzulehnen. Durch den Ausschluss der steuerlichen Anrechenbarkeit von Verlusten aufgrund von erlittenen Totalausfällen, werden hier allein private, langfristige Anleger von Aktien und Anleihen getroffen, die eben nicht wie institutionelle Anleger schnell ein sinkendes Schiff verlassen. Dies ist sowohl steuerlich als auch wirtschaftlich vollkommen absurd und nicht im Ansatz nachvollziehbar. Auch der BFH vertritt in seinen Entscheidungen eine gegensätzliche Position.
Willkür und Ungerechtigkeit halten mit diesen Maßnahmen Einzug in das Steuerrecht. Die verfassungsrechtliche Problematik dieses Vorschlages ist bekannt und es ist zudem höchst befremdlich, dass damit ausgerechnet die Bundesbürger getroffen und belastet werden, die sich für ihre finanzielle Situation und Altersvorsorge engagieren.
Die beschlossene Beschränkung der Verlustverrechnung bei Einkünften aus Termingeschäften ist ebenfalls abzulehnen. Sie bedeutet, dass Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden können. Die Verlustverrechnung ist beschränkt auf 10.000 Euro. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt. Die Anerkennung von Verlusten bei Termingeschäften wird damit im Vergleich zur aktuell geltenden Rechtslage erheblich eingeschränkt.
Es werden hiermit Privatanleger gegenüber Kapitalgesellschaften, die dieses Problem der Verlustverrechnung nicht haben, einseitig benachteiligt. Wenn diese Gesetzesänderung Bestand habe sollte, werden Termingeschäfte für Privatanleger, aufgrund unzureichender Verlustverrechnungsmöglichkeiten, der Vergangenheit angehören. Statt wie gewollt mehr Einkünfte für die Finanzbehörden zu generieren, wird es weniger geben.
Unabdingbar ist auch eine deutliche Erhöhung des Sparerfreibetrages, um den Bürgern zu ermöglichen, sich angemessen und eigenverantwortlich um ihre Altersvorsorge zu kümmern.
Warum aber die von Olaf Scholz vorgesehene Finanztransaktionssteuer Aktionäre und damit Anleger, die der Industrie wichtiges Eigenkapital zur Verfügung stellen, erfasst werden sollen, verschließt sich dem Betrachter vollkommen.
Derzeit befindet sich mehr als jede zweite Aktie in ausländischen Depots: 54 Prozent der Anteilsscheine lassen sich nach Handelsblatt-Berechnungen eindeutig ausländischen Investoren zuordnen – vor 20 Jahren lag der Anteil bei einem Drittel. Seitdem haben sich die Verhältnisse umgekehrt: Deutsche Anleger halten noch knapp 30 Prozent an Deutschlands 30 größten börsennotierten Unternehmen (Quelle: Handelsblatt 16.10.2019). Der deutsche Staat kann kein ernsthaftes Interesse daran haben, dass deutsche Unternehmen in ausländische Hände wandern oder Firmenzentralen und damit Steuereinnahmen und Arbeitsplätze ins Ausland abwandern.
Eine Stärkung des Finanzplatzes Deutschland bedeutet, die Anlage in Aktien und Wertpapieren attraktiver zu gestalten. Mit den angesprochenen Maßnahmen erreicht die Politik das Gegenteil.
Dem Bürger wird aktuell das Gefühl der Gängelung und das Sparen sich nicht lohnt vermittelt. Man könnte inzwischen sogar den Eindruck gewinnen, dass Sparen politisch nicht gewollt ist. Wenn der Bürger in eine finanzielle Notlage gerät, muss er in heutiger Zeit die Überzeugung gewinnen, dass der Staat es schon richten wird. Ist dieses gesellschaftspolitisch gewollt?
Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie, sich dafür einzusetzen, dass die geplanten Änderungen der Steuergesetze, zum Nachteil von Sparern und Altersvorsorgenden, zurückgenommen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Bürger
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https://www.youtube.com/watch?v=bCcxmCfhBg8
Antwort von Christian Lindner (FDP)
Sehr geehrter Herr ….
die Große Koalition hat diese Gesetzesänderung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion kurz vor Weihnachten durchgesetzt. Diese Änderung führt zu einem deutlichen Nachteil für zahlreiche Anleger – während die Akteure, die tatsächlich in großem Stil spekulativ anlegen können (Banken, Hedgefonds etc.), gerade ausgenommen sind. Für uns als Freie Demokraten ist das nicht hinnehmbar. Es kann nicht sein, dass einerseits alle Gewinne besteuert werden, aber andererseits Verluste nicht richtig berücksichtigt oder auf Sankt Nimmerlein verschoben werden. Gerade der Einsatz von Optionen kann eine sinnvolle Strategie zur Absicherung eines Depots auch für Privat- und Kleinanleger sein. Wenn die SPD ihr Heil in der Abkassierung und Gängelung von Kleinsparern und Vorsorgebetreibenden sieht, wird sie mit dem Widerstand der FDP rechnen müssen. Dass die Union solche Vorhaben mitträgt, zeigt einmal mehr, wie ernst es ihr mit der Entlastung der arbeitenden Mitte wirklich ist.
Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ist an dieser Stelle durchaus erfolgversprechend und wurde vom Deutschen Derivate-Verband bereits angekündigt. Allerdings wird diese Klage erst möglich sein, wenn 2021 die ersten Steuerbescheide für das laufende Jahr ausgestellt worden sind. Bis dahin werden wir das Thema aber weiterhin auf der parlamentarischen Agenda behalten. Einen Entschließungsantrag haben wir als Fraktion dazu bereits eingebracht.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner