Früher galten Stillhaltergeschäfte als Domäne großer institutioneller Marktteilnehmer. Inzwischen haben immer mehr private Börsianer diese Art des Börsenhandels für sich entdeckt. Volatilitäts- und Optionsstrategien sind ein starker Trend. Mit guten Grundkenntnissen, dem richtigen Risikomanagement und der nötigen Disziplin lässt sich damit jeden Monat kontinuierlich Geld verdienen.
Was macht ein Stillhalter?
Als Stillhalter bezeichnet man einen Marktteilnehmer im Optionshandel, der Optionen verkauft. Dabei gibt es zwei Varianten:
- Short Call: Verkauf einer Kaufoption. Eine Kaufoption beinhaltet das Recht, einen entsprechenden Basiswert (zum Beispiel Index oder Aktie) zu einem vorher festgelegten Preis (Strike) zu einem bestimmten Termin (oder innerhalb einer bestimmten Frist) zu kaufen. Für dieses Recht wird eine Prämie fällig, die der Stillhalter immer einnimmt.
- Short Put: Verkauf einer Verkaufsoption. Eine Verkaufsoption beinhaltet das Recht, einen entsprechenden Basiswert (zum Beispiel Index oder Aktie) zu einem vorher festgelegten Preis (Strike) zu einem bestimmten Termin (oder innerhalb einer bestimmten Frist) zu verkaufen. Auch für dieses Recht wird eine Prämie fällig, die der Stillhalter immer einnimmt.
Die Prämie ist eine Vergütung für die Tätigkeit des Stillhalters und sie ist mit einer Versicherungsprämie einer normalen Versicherungsgesellschaft zu vergleichen. Es handelt sich um einen sicheren Betrag, der unabhängig von der Kursentwicklung der Option entsteht.
Beide genannten Optionsvarianten enthalten spezifische Risiken und Chancen. Je nach Marktsituationen lassen sich Stillhaltergeschäfte besonders gut beziehungsweise weniger gut einsetzen.
Chancen und Risiken der Short Calls/Short Puts
Grundsätzlich bedeutet der Kauf eines Calls, dass der Marktteilnehmer auf einen steigenden Kurs eines Underlyings setzt. Der Verkauf des Calls dreht den Spekulationsgedanken um: Der Verkäufer des Calls verdient Geld, wenn das Underlying nicht steigt oder sogar fällt. Das Maximum seines Ertrags bleibt auf die eingenommene Prämie beschränkt. Somit entsteht ein Gewinn-Verlust-Verhältnis in zwei von drei möglichen Bewegungsrichtungen.
Wenn das Underlying fällt oder seitwärts tendiert, verdient der Verkäufer die zuvor eingenommene Prämie. Abgerechnet wird die Option am Verfallstag. Wobei hier der Kursstand des Underlyings beim Verfallstermin entscheidend ist. Hier wird der sogenannte „Innere Wert“ der Option ermittelt (wie weit ist die Option “In-the-Money“?). Der innere Wert ist entsprechend an den Käufer auszuzahlen. Besteht kein Innerer Wert (ist also das Underlying unterhalb des Strike-Preises geblieben), hat der Verkäufer die volle Prämie verdient. Dies kann man als Ertrag aus Theta (Zeitwertverfall) bezeichnen.
Innerhalb der Laufzeit, also vor dem Verfallstag, schwanken die Optionspreise stark und können zweitweise deutlich höhere Preise annehmen als am Verfallstag selbst. Die Prämie ist ein Aufgeld und sie hängt nicht nur von den Bewegungen der Underlyings ab, sondern auch von der Volatilität. Das Verlustrisiko ergibt sich vice versa aus den Gewinnchancen: Steigt das Underlying über den Strike hinaus an, beginnt die Verlustzone für den Verkäufer des Calls. Theoretisch ist dieses Risiko unbeschränkt hoch. Im Gegensatz dazu bleibt die Prämienhöhe beschränkt. Es sei denn, das Geschäft wird nicht an einem vorher definierten Maximalverlustbereich geschlossen.
Beim Verkauf der Put-Optionen verhält sich das Risiko nahezu umgekehrt. Die Verdienstmöglichkeiten liegen hier bei einem steigenden oder seitwärts tendierenden Underlying. Die Verlustzone befindet sich im fallenden Underlying, wobei das Verlustrisiko auf den Nullpunkt des Underlyings beschränkt bleibt, auch wenn das ein schwacher Trost ist. Die Höhe der eingenommenen Prämie hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der verbleibenden Restlaufzeit der Option und von der Nähe des Strikes zum aktuellen Preis des Basiswertes. Somit gilt: Je weiter die Option vom aktuellen Preis des Basiswertes entfernt liegt („Out-of-the-Money“), desto geringer ist die Prämie. Gleichzeitig gilt: Je länger die Laufzeit, desto höher die Prämie der Option.
Wer den Optionshandel meistern will, der muss sich mit der Volatilität beschäftigen.
Aktienmärkte mit hohen Volatilitäten bergen besondere Risiken, aber auch besondere Chancen. Als eine der wichtigsten Preiskomponenten von Optionen bieten hohe Volatilitäten zusätzliche Ertragschancen. Wenn im Umfeld von hohen Marktvolatilitäten zum Beispiel Aktien oder Indexoptionen verkauft werden, besteht die Verdienstmöglichkeit zum einen in der Marktbewegung (beim Call fallend, beim Put steigend) und zum anderen in der Bewegung der Volatilität selbst.
Wenn sich das Volatilitätsniveau von einem hohen verkauften Level auf ein tieferes Level absenkt, bedeutet dies für den Stillhalter grundsätzlich einen Ertrag. Das ist unabhängig von den anderen Faktoren wie der Marktbewegung usw. Vice versa besteht aber auch hier ein zusätzliches Risiko für den Stillhalter. In einem hohen Volatilitätsumfeld führen steigende Volatilitäten zu teureren Optionen, insbesondere auf der Put-Seite. Ebenso leiden die Calls, wenn auch nicht so ausgeprägt wie die Puts, was an der etwas geringeren Volatilitätsempfindlichkeit (Vega) liegt.
Anwendungsmöglichkeiten bei Aktiendepots
Die Anwendungsmöglichkeiten für den Verkauf von Optionen sind nahezu unbegrenzt. So können an der EUREX vordefinierte Strategien (z.B. Strangle, Straddle, Butterfly, etc.) nachgebildet oder eigene Meinungen und Ermessensspielräume umgesetzt werden. Profis sehen Optionen oft als ideale Ergänzung zu Aktien- oder Anleihendepots. Durch die Prämien sind sinnvolle Zusatzeinnahmen möglich. Die vorhandenen Aktien oder Anleihen können als Margin (Sicherheitsleistung) für die verkauften Optionen hinterlegt werden. Ebenso können vorhandene Aktienbestände „veroptioniert“ werden, um im fallenden oder seitwärts tendierenden Aktienmarkt zusätzliche Einnahmen zu erzielen.
Knowhow ist wesentlich
Die Hauptaufgabe des Stillhalters sollte das Risikomanagement sein. Allein der Verkauf der Option bringt – trotz der sofortigen Gutschrift auf seinem Konto – noch keinen realisierten Ertrag. Erst wenn die Option wertlos verfällt oder nahezu wertlos geschlossen wird, erhöht diese Geschäftsart die Portfoliorendite. Mit viel Disziplin sollten bereits bei der Eröffnung der Geschäfte Limits für maximale Verluste festgelegt werden, die dann auch strikt eingehalten werden müssen, damit die Verluste nicht überhandnehmen. Dabei kann es hilfreich sein, eine feste Marke in einem Index oder in einer Einzelaktie festzulegen. Werden diese Marken überschritten, müssen die Positionen geschlossen werden.
Ausgeklügeltes Risiko-Management ist der Performance-Bringer
Trotz der augenscheinlich großen Risiken bei Stillhaltergeschäften stehen sehr gute Ertragschancen im Raum. Um mit diesen Geschäften Geld zu verdienen, ist es entscheidend, zu jeder Zeit das Risiko im Griff zu haben. Die Eröffnung neuer Optionen sollte ausschließlich quantitativ und systematisch erfolgen. Auf Basis von Wahrscheinlichkeiten sollte ermittelt werden, welche Optionen im kurzfristigen Bereich die höchste Wahrscheinlichkeit haben, wertlos zu verfallen. Durch eine ständige Übergewichtung der Call gegenüber der Put-Seite wird zudem dem sogenannten kurzfristigen „Negative Skew“ der Aktienmärkte Rechnung getragen. Der Negative Skew bezeichnet die Tatsache, dass das Risiko, dass die Aktienmärkte kurzfristig einbrechen, höher ist als das Risiko, dass sie kurzfristig nach oben explodieren.
Fazit:
Mit der Eröffnung einer Position beginnt ein komplexes Risikomanagement. Vordefinierte Maximallimits auf der Kauf- und Verkaufsseite sorgen dafür, dass Verluste im Extremfall nicht überhandnehmen und Positionen jederzeit geschlossen werden können. Die Profis überwachen oft 24 Stunden am Tag elektronisch. So kann sichergestellt werden, dass trotz der bestehenden Risiken die Ertragschancen überwiegen und Stillhaltergeschäfte eine sinnvolle Zusatzrendite für jedes Portfolio liefern.
Infos:
Underlying: Der Basiswert, auf den eine Option lautet
Innerer Wert: Tatsächlicher Wert einer Option, der sich aus der Differenz zwischen Basispreis und aktuellem Preis des Basiswertes ergibt
In-the-Money: Die Differenz zwischen Basispreis und aktuellem Preis des Basiswertes ist positiv; die Option liegt „im Geld“
Out-of-the-Money: Die Differenz zwischen Basispreis und aktuellem Preis des Basiswertes ist negativ; die Option liegt „aus dem Geld“
Vega: Gibt die Veränderung des absoluten Wertes eines Optionsscheins in Abhängigkeit von der Volatilität an
Theta: Größe, die das Optionsscheinverhalten in Abhängigkeit von der Restlaufzeit ausdrückt
Verfallsdatum: Ende der Laufzeit einer Option; das Recht, einen Wert zum Basispreis zu erwerben oder zu veräußern, erlischt
Beta-Risiko: Risiko, dass sich ein Einzeltitel gegenüber seiner Benchmark mehr oder weniger stark bewegt
Margin: Sicherheitsleistung, die der Käufer von Derivaten leisten muss
Negative Skew: Grundsätzlich gilt, dass ein kurzfristiges Einbrechen der Märkte wahrscheinlicher ist, als ein kurzfristiger Anstieg
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