Trend analysieren mit dem Ord-Volumen

Was ist das Ord-Volumen?

Einen sehr interessanten Ansatz, um die Kraft einer Bewegung zu messen, stammt von Tim Ord. Er unterteilt den Markt in Wellen und berechnet für jede Welle das aufgewendete Durchschnittsvolumen. Wenn also eine Welle zum Beispiel aus 15 Candlesticks besteht, dann addiert er das Volumen der einzelnen Candlesticks und teilt es danach durch 15. Den ermittelten Durchschnittswert nennt er „Ord-Volumen“.

Ord-Volumen = Summe des Volumens einer Welle / Anzahl der Candles pro Welle

Das errechnete Ord-Volumen wird zur Analyse herangezogen, um einzelne Wellen untereinander zu vergleichen. Somit lässt sich eine Aktie oder ein Markt in einzelne Kurssegmente zerlegen. Die Kraft jeder Bewegung wird auf simple Art berechnet. Die volumenstarke Welle erhält eine besondere Bedeutung zu, denn sie zeigt Angst oder Gier der Marktteilnehmer. Dort, wo eine Welle eine Widerstands-, beziehungsweise eine Unterstützungszone berührt, entsteht über das Ord-Volumen ein Prognoseansatz für die weiterführende Bewegung. Sobald eine Aufwärtswelle an einen Widerstand stößt, bietet die anschließende Konsolidierung einen Vergleichswert. Tim Ord definiert ein bullishes Einstiegssignal, wenn in der Konsolidierung eine Verminderung des Volumens um circa 50 Prozent vorliegt. Das gleiche gilt in umgedrehter Form für eine Abwärtswelle.

Bild 1: Erste Schwäche einer Aufwärtsbewegung

Das Bild zeigt eine erste starke Aufwärtswelle mit einem Ord-Volumen von 2,2. Die nächste Aufwärtswelle ist vermindert, denn das Volumen ist nur noch 1,9. Eine Abnahme von 10 Prozent deutet auf eine Schwäche der Bullen hin.

Das Bild 1 bietet ein Beispiel, wie das Ord-Volumen gedeutet werden könnte. Die erste Welle mit dem Ord-Volumen von 2,2 ist der Vergleichsmaßstab für die nachfolgende Konsolidierung. Bei einer bullishen Konsolidierung sollte der Wert unter 2,2 liegen. Es folgt jedoch eine Konsolidierung mit 3,5. Dieser Wert ist so hoch, dass er die 2,2 um 59 Prozent übersteigt. Ein starkes Warnsignal für die Fortsetzung der Aufwärtsbewegung. Die letzte Aufwärtswelle mit einem Ord-Volumen von 2,0 bestätigt die Schwäche der Bullen. Eine zukünftige bearishe Umkehr wird immer wahrscheinlicher.

Bild 2: Allianz-Aktie mit Ord-Volumen

Im oberen Beispiel ist der Wochen-Chart der Allianz Aktie abgebildet. Die untere Grafik zeigt das Wellenbild in Zickzackform. Bei jeder Aufwärtswelle wurde das jeweilige Ord-Volumen berechnet. Dass sich ab 2022 eine bullishe Schwäche entwickelte, ließ sich anhand der Volumendaten ablesen. Mit jeder Aufwärtswelle reduziert sich nämlich das Ord-Volumen. Die letzte Aufwärtswelle konnte immerhin einen Wert von 671 Millionen erreichen. Der Wert ist vergleichsweise hoch, doch man muss das Gesamtbild im Auge behalten, denn trotz des hohen Handelsvolumens konnte kein neues Hoch erzeugt werden. Der Umstand spricht dafür, dass das erhöhte Ord-Volumen durch einen höheren Verkäuferanteil entstand. Mit dem Shortsignal durch die rote Candlestick im Juni 2022 wurde ein relatives Tief unterboten. Somit entstand ein solides Verkaufssignal.

Ein praktisches Beispiel bietet das Bild 2. Die Kurswellen der Allianz-Aktie sind im Zigzag-Chart eingezeichnet. Jeweils zugeordnet sind die Hoch- und Tiefpunkte und das Ord-Volumen. Für eine bessere Übersicht wurden die Abwärtswellen nicht mit Werten beziffert und zahlenmäßig ausgeblendet. Ausgehend vom markanten Tief im März 2020 lässt sich jede Aufwärtsbewegung genau erfassen. Die erste Aufwärtswelle (W1) bietet ein Ord-Volumen von 1188 Millionen Stück. Die nächste Aufwärtswelle erreichte nur noch 1070 Millionen Stück. Das ist eine Verminderung von circa 9 Prozent. Als absoluter Wert ist jedoch das Handelsvolumen weiterhin sehr hoch. Die dritte Aufwärtswelle (W3) erreicht nur noch 636 Millionen Stück. Eine Reduzierung von ca. 40 Prozent des Handelsvolumens. Der Kurs übertrifft mit der dritten Welle den Widerstand bei 200 Euro. Die Schwäche der Bullen wird nun immer deutlicher. In den meisten Fällen wäre das reduzierte Handelsvolumen sogar eine Überlegung für eine Shortposition wert. Dabei sollte das potenzielle Short-Signal durch ein klares bärisches Handelsmuster bestätigt werden – und das blieb aus. Die nachfolgende Aufwärtswelle (W4) mit 485 Millionen Stück reduziert nochmals die Kraft der Bullen um ungefähr 24 Prozent. Spätestens jetzt wäre der „Warnschuss“ für die Bullen laut. Nichts an der Börse ist zu 100 Prozent sicher und so konnte der Kurs weiterhin im Bereich von 200 EUR pendeln. Vermutlich war der Gesamtmarkt relativ stark, sodass die Allianz Aktie im oberen Bereich verharren konnte. Für eine Trendumkehr ist es notwendig, dass ein relatives Tief ausgehend von den Aufwärtswellen mit dem Schlusskurs einer Candlestick unterboten wird. Das trifft im Juni 2022 zu. Die entscheidende Candlestick wurde mit (short) im Bild gekennzeichnet.

Widerstand und Unterstützung mit dem Ord-Volumen

Mithilfe des Ord-Volumens lässt sich das Chance-Risiko-Verhältnis für einen bullishen Ausbruch über das relative Hoch abschätzen. Als Faustregel gilt bei der Konsolidierungswelle eine Minderung des Ord-Volumens von 50 Prozent. Sobald sich das Ord-Volumen in der Gegenbewegung verringert, darf man von einer Konsolidierungsbewegung sprechen. Das ist die ideale Vorbereitung für eine Trendfortsetzung.

Wie wir wissen, können Konsolidierungsbewegungen komplexe Formen annehmen. Nehmen wir an, es kommt zu einer kräftigen Aufwärtswelle mit einem Ord-Volumen von 20. Als Gegenbewegung entsteht ein komplexes Korrekturmuster mit Aufwärts- und Abwärtsbewegungen. Voraussetzung des Korrekturmusters ist, dass der Tiefpunkt der Ausgangswelle nicht durch die Korrektur unterboten wird – ansonsten wäre es kein „sauberes“ Korrekturmuster. Das Startsignal für die Fortsetzung der Aufwärtsbewegung kommt zustande, wenn eine Abwärtswelle mit 50 Prozent oder weniger Ord-Volumen erscheint. Erst unter dieser Bedingung hat der Markt einen psychologischen Zustand erreicht, um mit einer gewissen Leichtigkeit seinen oberen Widerstand zu brechen.

Oops, ein Fehlausbruch

Die 50-%-Regel lässt sich ebenso in entgegengesetzter Richtung nutzen. Wenn das Handelsvolumen beim Break zu gering ausfällt, dann fehlt den Bullen die Überzeugung. Entscheidend ist der Zeitpunkt, wenn der Kurs auf den Widerstand trifft.

 

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